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Rilke Lieder

Lyris vertont Rilkes Gedichte, um die tiefe emotionale und philosophische Resonanz seiner Werke durch Musik zu ehren und weiterzugeben. Diese musikalische Interpretation ermöglicht es, Rilkes Worte auf eine neue, sinnliche Weise zu erleben und seine zeitlosen Themen und universellen menschlichen Erfahrungen noch näher zu bringen.

Die Verschmelzung von Poesie und Musik schafft eine besondere Atmosphäre, in der die vielschichtigen Emotionen und Gedanken Rilkes intensiv zur Geltung kommen. Durch die Musik erhalten die Texte eine zusätzliche Ausdruckskraft, die Rilkes Weisheit und Schönheit bewahrt und lebendig hält, sodass sie auch heutige Zuhörer erreichen können.


Du musst das Leben nicht verstehen.png

[ Du musst das Leben nicht verstehen

Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und lass dir jeden Tag geschehen so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin.

(1898)](attachment:cd502fd5-d43a-4026-bb32-9aedbe9045bc:Du_musst_das_Leben_nicht_verstehn.m4a)

Du musst das Leben nicht verstehen

Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und lass dir jeden Tag geschehen so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin.

(1898)

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen.png

[ Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.

(1899)](attachment:bfa82f3f-bc68-43cf-823e-f8d3dc022c11:Ich_lebe_mein_Leben_mit_wachsenden_Ringen.m4a)

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.

(1899)


Der Panther.png

[ Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.

(1902)](attachment:0c56670b-e3cb-468f-bf4b-9dca542889c5:Der_Panther.m4a)

Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.

(1902)

Liebeslied.png

[ Liebes-Lied

Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Geiger hat uns in der Hand? O süßes Lied.

(1907)](attachment:5ef8a01e-0530-4cf4-95bd-94e65b5749f3:Liebeslied.m4a)

Liebes-Lied

Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Geiger hat uns in der Hand? O süßes Lied.

(1907)

Es gibt so wunderweisse Nächte.png

[ Es gibt so wunderweiße Nächte

Es gibt so wunderweiße Nächte, drin alle Dinge Silber sind. Da schimmert mancher Stern so lind, als ob er fromme Hirten brächte zu einem neuen Jesuskind.

Weit wie mit dichtem Diamantenstaube bestreut, erscheinen Flur und Flut, und in die Herzen, traumgemut, steigt ein kapellenloser Glaube, der leise seine Wunder tut.](attachment:b161f6a0-ddfe-4620-b261-2656c96cf8f5:Es_gibt_so_wunderweisse_Nachte.m4a)

Es gibt so wunderweiße Nächte

Es gibt so wunderweiße Nächte, drin alle Dinge Silber sind. Da schimmert mancher Stern so lind, als ob er fromme Hirten brächte zu einem neuen Jesuskind.

Weit wie mit dichtem Diamantenstaube bestreut, erscheinen Flur und Flut, und in die Herzen, traumgemut, steigt ein kapellenloser Glaube, der leise seine Wunder tut.

Ich finde dich in allen diesen Dingen.png

[ Ich finde dich in allen diesen Dingen

Ich finde dich in allen diesen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin; als Samen sonnst du dich in den geringen und in den großen gibst du groß dich hin.

Das ist das wundersame Spiel der Kräfte, daß sie so dienend durch die Dinge gehn: in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehn.

Alle, welche dich suchen, versuchen dich. Und die, so dich finden, binden dich an Bild und Gebärde.

Ich aber will dich begreifen wie dich die Erde begreift; mit meinem Reifen reift dein Reich.

Ich will von dir keine Eitelkeit, die dich beweist. Ich weiß, daß die Zeit anders heißt als du.

Tu mir kein Wunder zulieb. Gib deinen Gesetzen recht, die von Geschlecht zu Geschlecht sichtbarer sind. O Herr, gib jedem seinen eignen Tod. Das Sterben, das aus jenem Leben geht, darin er Liebe hatte, Sinn und Not](attachment:3135fa9c-1329-4357-8487-4118d565c744:Ich_finde_dich_in_allen_diesen_Dingen.m4a)

Ich finde dich in allen diesen Dingen

Ich finde dich in allen diesen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin; als Samen sonnst du dich in den geringen und in den großen gibst du groß dich hin.

Das ist das wundersame Spiel der Kräfte, daß sie so dienend durch die Dinge gehn: in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehn.

Alle, welche dich suchen, versuchen dich. Und die, so dich finden, binden dich an Bild und Gebärde.

Ich aber will dich begreifen wie dich die Erde begreift; mit meinem Reifen reift dein Reich.

Ich will von dir keine Eitelkeit, die dich beweist. Ich weiß, daß die Zeit anders heißt als du.

Tu mir kein Wunder zulieb. Gib deinen Gesetzen recht, die von Geschlecht zu Geschlecht sichtbarer sind. O Herr, gib jedem seinen eignen Tod. Das Sterben, das aus jenem Leben geht, darin er Liebe hatte, Sinn und Not

Titelbild.png

[ Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.

(1902)](attachment:01c92c18-54a7-448a-a6d8-b4718994c170:Herbst.m4a)

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.

(1902)

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[ Wir sind die Treibenden

Wir sind die Treibenden. Aber den Schritt der Zeit, nehmt ihn als Kleinigkeit im immer Bleibenden.

Alles das Eilende wird schon vorüber sein; denn das Verweilende erst weiht uns ein.

Knaben, o werft den Mut nicht in die Schnelligkeit, nicht in den Flugversuch.

Alles ist ausgeruht: Dunkel und Helligkeit, Blume und Buch.](attachment:18949faf-f549-44d9-945d-4b23bd63576d:Wir_sind_die_Treibenden.m4a)

Wir sind die Treibenden

Wir sind die Treibenden. Aber den Schritt der Zeit, nehmt ihn als Kleinigkeit im immer Bleibenden.

Alles das Eilende wird schon vorüber sein; denn das Verweilende erst weiht uns ein.

Knaben, o werft den Mut nicht in die Schnelligkeit, nicht in den Flugversuch.

Alles ist ausgeruht: Dunkel und Helligkeit, Blume und Buch.

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[ Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort. Sie sprechen alles so deutlich aus: Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus, und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott, sie wissen alles, was wird und war; kein Berg ist ihnen mehr wunderbar; ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern. Die Dinge singen hör ich so gern. Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm. Ihr bringt mir alle die Dinge um.

(1898)](attachment:b5ef4aa1-47a2-460b-90b5-9332664fd950:Ich_furchte_mich_so_vor_der_Menschen_Wort.m4a)

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort. Sie sprechen alles so deutlich aus: Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus, und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott, sie wissen alles, was wird und war; kein Berg ist ihnen mehr wunderbar; ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern. Die Dinge singen hör ich so gern. Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm. Ihr bringt mir alle die Dinge um.

(1898)


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[ Menschen bei Nacht

Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht. Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht, und du sollst ihn nicht suchen trotzdem. Und machst du nachts deine Stube licht, um Menschen zu schauen ins Angesicht, so mußt du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt, das von ihren Gesichtern träuft, und haben sie nachts sich zusammen gesellt, so schaust du eine wankende Welt durcheinander gehäuft Auf ihren Stirnen hat gelber Schein alle Gedanken verdrängt, in ihren Blicken flackert der Wein, an ihren Händen hängt die schwere Gebärde, mit der sie sich bei ihren Gesprächen verstehn; und dabei sagen sie: Ich und Ich und meinen: Irgendwen.](attachment:239ea9c1-3963-44fb-a9a4-92a5673669c7:Menschen_bei_Nacht.m4a)

Menschen bei Nacht

Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht. Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht, und du sollst ihn nicht suchen trotzdem. Und machst du nachts deine Stube licht, um Menschen zu schauen ins Angesicht, so mußt du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt, das von ihren Gesichtern träuft, und haben sie nachts sich zusammen gesellt, so schaust du eine wankende Welt durcheinander gehäuft Auf ihren Stirnen hat gelber Schein alle Gedanken verdrängt, in ihren Blicken flackert der Wein, an ihren Händen hängt die schwere Gebärde, mit der sie sich bei ihren Gesprächen verstehn; und dabei sagen sie: Ich und Ich und meinen: Irgendwen.

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[ Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin, und jage die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

(1902)](attachment:e39730cd-0587-4ce7-a1f6-37e408244ec8:Herbsttag.m4a)

Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin, und jage die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

(1902)

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[ Ich ließ meinen Engel lange nicht los

Ich ließ meinen Engel lange nicht los, und er verarmte mir in den Armen und wurde klein, und ich wurde groß: und auf einmal war ich das Erbarmen, und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, - und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand; er lernte das Schweben, ich lernte das Leben, und wir haben langsam einander erkannt …

Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht, kann er frei seine Flügel entfalten und die Stille der Sterne durchspalten, – denn er muss meiner einsamenNacht nicht mehr die ängstlichen Hände halten – seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.](attachment:d48af717-5342-41ba-8143-ec676e5420d0:Ich_liess_meinen_Engel_lange_nicht_los.m4a)

Ich ließ meinen Engel lange nicht los

Ich ließ meinen Engel lange nicht los, und er verarmte mir in den Armen und wurde klein, und ich wurde groß: und auf einmal war ich das Erbarmen, und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, - und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand; er lernte das Schweben, ich lernte das Leben, und wir haben langsam einander erkannt …

Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht, kann er frei seine Flügel entfalten und die Stille der Sterne durchspalten, – denn er muss meiner einsamenNacht nicht mehr die ängstlichen Hände halten – seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.


Playlist auf Soundcloud

https://soundcloud.com/lyris_ch/sets/rilke_lieder?si=a4195cc45df047769734eb1a5b7fa24c&utm_source=clipboard&utm_medium=text&utm_campaign=social_sharing